Schule, Studium, Beruf, Selbstständigkeit. Caitlin Doughty lebt den klassischen amerikanischen Traum und schafft es mit harter Arbeit zum eigenen Imperium. Das allerdings in einer Branche, die für viele immer noch ein Tabu darstellt.
In Fragen Sie Ihren Bestatter – Lektionen aus dem Krematorium hat sie ihre Erlebnisse nun aufgeschrieben und berichtet vom alltäglichen Wahnsinn einer Kremationsfachangestellten. Nach dem braven Studium der mittelalterlichen Geschichte reicht es Caitlin und sie will sich endlich in aller Ausgiebigkeit dem widmen, was sie am meisten interessiert. Und da das nun mal der Tod ist, heuert sie bei Weswind & Burial in San Francisco an. Man steht ihr skeptisch gegenüber, nicht viele wollen diesen Job freiwillig machen und schon gar keine 23-jährigen jungen Frauen. Doch sie setzt sich durch, kremiert und kremiert und wird schließlich Meisterin ihres Faches. In episodenartigen Kapiteln erzählt sie von ihrer ersten Rasur, was ’natürlich‘ für einen Thanatopraktiker heißt und warum Risse im Kremierofen lebensnotwendig sind.
Als Leser dieses Buches darf man nicht zimperlich sein, denn Doughty ist es auch nicht. Sie berichtet in aller Genauigkeit von ihren Kunden und deren Angehörigen. Dabei reflektiert sie stets ihre eigene Position zum Thema Tod und Sterben und untermauert dies mit interessanten Fakten und Todestheorien. Am Ende des Buches gibt es sogar eine Auflistung von Texten rund um den Tod zu jedem Kapitel. Das Thema ist schwer, bisweilen zu schwer, um es in Worte zu fassen, trotzdem gelingt es Doughty mühelos, ihren eigenen Schreibstil durchzuhalten und sich nicht von Sentimentalitäten abhalten zu lassen. Man merkt, wie viel Hintergrundwissen sie durch eigene Recherchen und ihr Studium mitbringt, was dem Roman sehr gut tut und eine gewisse Distanz schafft. Auch ihre eigene Geschichte wird nicht außer acht gelassen und wir sehen ihr dabei zu, wie sie an ihren Aufgaben wächst und sich emanzipiert, bis sie schließlich für ihre eigene Position zum Tod einstehen kann. Das sieht man auch an ihrer sehr interessanten Biografie, denn nach ihrem Job im Krematorium, wurde sie mit ihrer Webserie „Ask a Mortician“ und ihrem Blog „The Order of the Good Death“ landesweit bekannt. Zudem gründete sie mit Undertaking LA einen unabhängigen Bestattungsdienst, frei nach den persönlichen Wünschen, und wurde so zur Ikone der alternativen Bestattungsindustrie.
Wer sich für Morbiditäten begeistern kann und gerne von neuen Einblicken in Tod und Sterben liest, für den ist dieses Buch genau das Richtige, nicht nur zu Halloween. Zu Caitlin Doughtys Blog geht es hier, zum Buch hier.