Beim dritten Versuch sollte es endlich klappen. Seit 2019 stehe ich mit dem Gymnasium am Kurfürstlichen Schloss in Verbindung, ob wir nicht eine Lesung für den Bundesweiten Vorlesetag zusammen machen. Im ersten Jahr sollte ich kurzfristig für eine andere Mainzer Autorin einspringen, im zweiten Jahr dann diese Pandemie. Nun im dritten Jahr hat die Autorin ihren Schnupfen mittlerweile kuriert, die Pandemie wütet immer noch und ich habe mein erstes Buch veröffentlicht. Und es hat endlich geklappt.
Ich würde mich nicht unbedingt als Publikumsliebling bezeichnen. Aber wenn eine Aula mit Schüler:innen der 6. Klasse vollsitzt und ich einen ausgestopften Iltis dabei habe, dann kommt das dem schon sehr nahe. Ich las die „Taxidermie“ für die gesamte 6. Stufe des Schloss-Gymnasiums, eingeteilt in zwei Durchgänge. Eigentlich hätte ich dieser Geschichte nicht die Jugendfreigabe erteilt – immerhin geht es um ausgestopfte Affen, erschlagene Mütter und auch ein bisschen Ekelei – aber die Lehrerin gab ihren Segen. Und die Kinder liebten die Geschichte!
Damit es aber nicht nur ein Frontalunterricht würde, wollte ich noch ein didaktisches Element mit hereinbringen und ein bisschen Show sozusagen. Auftritt Ilija. Obwohl es mich selbst gruselt und wohlig schauert, wenn ich ins Museum gehe und all die ausgestopften Tiere sehe (vor allem den Säbelzahntiger im Treppenaufgang des Naturhistorischen Museums Mainz), dachte ich gleich daran, wie toll es wäre, wenn ich wirklich ein Exemplar in die Schule mitbringen könnte. Einen ausgestopften Orang-Utan würde ich wohl nicht bekommen, überlegte ich. Und dann kam mir die Idee: Ein Iltis würde es auch tun. Mit so einem erschlägt der Protagonist in der Geschichte nämlich seine Mutter. Eine ebay-Suche später und zwei Klicks im Warenkorb und Ilija machte sich auf den Weg zu mir.
Um alle Hygienevorschriften einzuhalten, hatte ich ihm noch eine Mini-Maske gebastelt und begab mich zum Schloss-Gymnasium. Eine ganze Schulstunde durfte ich mit den Schüler:innen verbringen und habe nicht nur gelesen, sondern auch viel zum Beruf der Autorin berichtet. Alle möglichen Fragen prasselten auf mich ein, von meinem Lieblingsbuch (Harry Potter, of course) bis hin zu meinem Lieblingsbuch von mir selbst (Ein Kreis aus Salz, of course). Nur Ilija, den konnte ich nicht toppen. Viele Finger sind ihm beim Rausgehen durchs Fell gefahren. Erst zögerlich und dann zärtlich. Er hätte die Veranstaltung auch alleine durchführen können. Wenn ich also von Publikumslieblingen spreche, dann meine ich ihn. Und wenn ihr keine Ahnung habt, wovon ich spreche – dann empfehle ich euch die Lektüre von „Taxidermie“, Seite 57 in Ein Kreis aus Salz.
Vielen Dank für die Einladung, Gymnasium am Kurfürstlichen Schloss. Es war mir eine Freude!