Das STUZ-Magazin hat mich gefragt, wie ich als Autorin und Kulturschaffende durch Corona komme. Daraus ist ein schöner Artikel entstanden, überaus treffend betitelt mit „Covid – der Barbar“. Hier könnt ihr die ungekürzte Fassung lesen, im Bild unten seht ihr den Beitrag im Heft:
„Man sollte meinen, Corona sei für Kulturschaffende im Literaturbereich ein Geschenk des Himmels: freie Zeit, keine lästigen sozialen Verpflichtungen, Isolation. „Das sind für euch Autoren doch ideale Voraussetzungen.“, „Und wann machst du endlich mal ne Insta-Lesung?“ oder „Na, da kann dein Roman ja bestimmt nicht mehr lange dauern.“ sind Sätze, die ich täglich etwa ein dutzend Mal zu hören bekomme. Aber hier kommt der Twist: Corona macht nicht kreativ, Corona inspiriert Freiberufler nicht die Bohne. Wenn ich im Internet die ganzen Selbstoptimierer sehe, die während dieser Zeit zur besten Version ihrer Selbst mutieren, möchte ich am liebsten den Router samt Steckdose aus der Wand herausreißen, aber das fände die Vermieterin wahrscheinlich nicht so toll und ohne „Tiger King“ hätte ich die letzten Wochen nicht überstanden. Nachdem ich sämtliche Lesungen absagen musste, die ich wochenlang geplant hatte, fühlte ich mich erst einmal wie betäubt. Nachts war mir heiß, mich plagten fieberartige Schweißausbrüche, so schlimm, dass ich am Ende selbst dachte, ich hätte Corona. Dann ging ich joggen, lernte Japanisch, fing sogar an zu putzen – so schlimm war es schon. Nur geschrieben habe ich wenig. Gelesen allerdings viel, das ging noch. Und ständig nagte das schlechte Gewissen an mir, dass ich genau diese Zeit doch nutzen müsste, genau jetzt die nötigen Freiräume hätte, um kreativ zu sein. Aber das ist Schwachsinn. Wir befinden uns in der schlimmsten globalen Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, verdammt, und es ist vollkommen okay, sich davon überfordert zu fühlen. Als ich langsam dahinterkam, ging es mir besser. Seit ein paar Tagen starrt mich kein leeres Blatt mehr an, sondern ich bekomme auch wieder etwas zu Papier und organisiere gemeinsam mit Ingo Bartsch Live-Lesungen auf Instagram für unsere Mainzer Lesebühne „die Leselampe“. So langsam kommt Routine in meinen Alltag und ich strecke die Fühler nach möglichen literarischen Projekten aus. Und wer weiß, wenn Corona vorbei ist, habe ich vielleicht wirklich meinen Roman fertig geschrieben und „Ulysses“ gelesen. Aber wenn, dann weil es der richtige Zeitpunkt war und nicht, weil Krise und Kreativität beide mit K anfangen. – Sarah Beicht“
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