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Lesung: Robert Seethaler liest „Das Feld“

„Es gibt nichts Schlimmeres als zu lange Lesungen!“ Mit dieser Weisheit beginnt Robert Seethaler den Abend im Mainzer Staatstheater und bittet Alexander Wasner vom SWR sogleich ergänzend: „Deshalb nicht so viel quatschen.“ Das Publikum lacht schallend auf und Wasner überlegt sich im Laufe der Lesung lieber zwei Mal, welche Frage er dem österreichischen Autor und Schauspieler nun stellt. Ob er sich wohlfühle auf der Bühne („Eher weniger, ich bin immer noch wahnsinnig aufgeregt.“), wie er den Rheingau Literatur Preis erlebt hat („Da gab es 111 Flaschen Wein. Die habe ich dann bei unserem Verlagsfest unterbekommen.“) und was hilfreicher war für den Ausbau der Menschenkenntnis: das Psychologiestudium oder das Schauspiel („Das waren wahrscheinlich die unhilfreichsten Dinge, um den Menschen kennenzulernen. Da ist jedes Gespräch mit meinem Sohn oder beim Bäcker ertragreicher.“). Robert Seethaler mag zwar ein Mann der Worte sein, ist offenbar aber kein Mann der langen Antworten. Und das ist furchtbar erfrischend. Das Publikum quittiert beinahe jeden Kommentar des Wieners mit Gelächter, gelegentlich gibt es sogar Szenenapplaus.

Dann beugt sich der hochgewachsene Mann vornüber, fährt sich ein zwei Mal über den Kopf und verschränkt die Arme vor der Brust. Eine Hand lässt er frei, in dieser hält er den Text. Er beginnt zu lesen und im Großen Haus wird es still. Mit einer wunderbar tiefen, tiefgründigen Lesestimme trägt er verschiedene Episoden aus „Das Feld“ vor und schafft es, auch die nachdenklichen Passagen weder pathetisch aufzuladen noch ihnen mit kleinen Späßen die Bedeutungsschwere zu entziehen. Wie versprochen, ist die Lesung nach 90 Minuten beendet, das Publikum ist begeistert und stürmt den Verkaufstisch. Robert Seethaler hat gelesen, wie er schreibt: mit einer Leichtigkeit und Detailschärfe, unterhaltsam, fesselnd und unheimlich sympathisch.

Wer die Lesung von Robert Seethaler im Mainzer Staatstheater leider verpasst hat, der kann sich einen Mitschnitt in der Sendung „lesenswert“ am 18. Dezember um 22.03 Uhr im SWR2 anschauen.

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