Heute Abend kann man zweiundzwanzig Millionären – manche in Weiß, manche in Orange – mit ausgefeilten Frisuren und großflächigen Tätowierungen zuschauen, wie sie einem Ball hinterherlaufen und dabei noch mehr Geld verdienen… Oder man kann fantastische Literatur erleben in der Bar jeder Sicht und zwar beim Auftakt des queeren Lesefestivals „QUEER gelesen“. Das ganze Wochenende wird ein wunderbares Programm auf die Beine gestellt, bei dem man sich von morgens bis abends mit Lesungen, Autor*innengesprächen und Verlagsständen vergnügen kann. Dabei ist es ganz egal ob schwul, lesbisch, bi, trans, cis, und und und: gute Bücher sind gute Bücher sind gute Bücher <3
3 FRAGEN AN … JULIANE SEIDEL, Gründerin von QUEER gelesen
1) Wie kamt ihr auf die Idee eines Lesefestivals in der Bar jeder Sicht?
Das ursprüngliche Lesefestival war in Wiesbaden zu Hause und fand als „Ableger“ des Wiesbadener Lesecafés zum ersten Mal im Januar 2014 in der Coffeebar Anderswo statt. Da sich das Anderswo inhaltlich neu ausrichtete und die Aidshilfe Wiesbaden (wo wir ebenfalls einen Teil des Lesefestivals veranstaltet haben) keine passenden Räumlichkeiten bot, suchten wir einen neuen Veranstaltungsort und fanden für QUEER gelesen 2016 einen zuverlässigen Partner in dem Team der Bar jeder Sicht. Seitdem findet das queere Lesefestival dort statt.
Die Idee zum Lesefestival ist auf mein Interesse für queere Literatur begründet. Ich betreibe seit nunmehr 18 Jahren den Blog Like a Dream, der sich auf queere Medien (vorwiegend Bücher) spezialisiert hat, schreibe selbst queere Romane und bin in der Szene gut vernetzt. Ich wollte Autor*innen queerer Literatur die Möglichkeit geben, sich im Rahmen einer Lesung vorzustellen.
2) Wie geht ihr bei der Programmplanung vor – spielen eigene literarische Vorlieben dabei eine Rolle?
Bei der Programmplanung spielen viele Dinge eine Rolle – teils bewerben sich Autor*innen im Laufe des Jahres selbst oder signalisieren mir ihr Interesse. Diese setzen wir auf eine Liste und prüfen, wenn es Zeit wird, sich ans Programm zu setzen. Teilweise bekomme ich auch von Verlagen Vorschläge, gerade von denen, die uns sponsern. Oder aber ich schreibe Autor*innen direkt an und frage, ob sie Interesse haben, bei QUEER gelesen dabei zu sein – natürlich spreche ich hierbei Autor*innen an, die ich kenne oder deren Bücher ich gut finde. Insgesamt bemühen wir uns um eine bunte Mischung, was die Genres angeht und (mit Ausnahme der Eröffnungslesung am Freitag) darum, je fünf schwule und lesbische Lesungen und zwei trans Lesungen im Laufe des Wochenendes zu platzieren.
3) Welche Autoren aus dem aktuellen Programm sollte man auf keinen Fall verpassen?
Ein Muss ist die Eröffnungslesung mit Valerie Schnitzer, die aus ihrer Autobiografie „Geheilte Seele – Befreites Ich“ lesen wird. Aber auch am Wochenende gibt es einige Highlights, je nachdem welche Richtung man bevorzugt. Ein Highlight sind immer die Lesungen von Jobst Mahrenholz (entgegen der Ankündigung wird er kurzfristig nicht aus seinem Buch „Haus aus Kupfer“ lesen, sondern aus seinem unveröffentlichten Manuskript „Tullio“), der auch am Samstag Abend bei der Lesung aus der Benefizanthologie „Like a (bad) Dream“ dabei sein wird. Im lesbischen Bereich sollte man sich die Lesungen von Anne Bax und Sophie Herrndorf auf die Liste setzen, im schwulen Bereich die Veranstaltungen von Karsten Oliver Woellm und Sam Balducci. Im Grunde sind alle Autor*innen empfehlenswert – sie bieten einen breiten, bunten Einblick in die queere Literatur bieten. Und wer die Autor*innen kennenlernen will, dem empfehle ich die Teilnahme am Autoren- und Leserbrunch am Sonntag ab 11 Uhr. Es ist die ideale Gelegenheit, mit ihnen ins Gespräch zu kommen.
QUEER gelesen findet vom 06. bis 08. September 2019 in der Bar jeder Sicht statt. Weitere Infos und das ganze Programm gibt es unter: www.queer-gelesen.de. Vielen Dank, Juliane Seidel, für das Interview!