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Auf eine Lesestunde mit Mentor e.V.

Ich sehe Buchstaben, Schrift, Zeichen – und mein Kopf liest. Sofort, ich muss gar nicht weiter darüber nachdenken. Seit ich fünf Jahre alt bin, lese ich mich kreuz und quer durch die Literaturlandschaft, ob Buch oder Heftchen, Tafelanschrieb oder Textaufgabe. Natürlich geht das nicht jedem Kind so und hängt immer auch mit persönlichen Neigungen und Umständen zusammen. Da geschieht es manchen sehr schnell, dass sie sich im Buchstabenlabyrinth verlieren, Wörter nur sehr mühsam entziffern können und so den Anschluss und die Motivation schnell verlieren. Viele kommen noch aus buchfernen Familien, wo sie nicht immer die Unterstützung bekommen können, die sie benötigen. Dem will der Verein Mentor – Die Leselernhelfer Abhilfe schaffen und führt leseschwache Kinder mit ehrenamtlichen Mentoren zusammen, um wieder Spaß und Freude am Lesen zu wecken.

mentor-leselernhilfeDas erste Mal von Mentor e.V. gehört habe ich auf der Büchermesse im Rathaus, als ich mit einer sympathischen Mitarbeiterin ein sehr nettes Gespräch geführt hatte. Sie seien immer auf der Suche nach neuen Gesichtern, die mit Schulkindern lesen üben. Von Student bis Rentner seien hier alle willkommen. Wir tauschten Kärtchen aus und kaum vier Wochen später sitze ich mit Wiltrud Eckhardt, einem Vorstandsmitglied von Mentor, auf einem der kleinen Schulstühle in der Leibnizschule und darf bei einer Mentorenstunde zuschauen. Wir treffen uns in der großen Pause, im Schulhof herrscht der allmorgendliche Ausnahmezustand und ich unterhalte mich mit der pensionierten Dame. Am wichtigsten sei die Zuwendung, die jedes der Kinder bekommt. Einfach mal zuhören und mit dem Kind erzählen, tue den meisten schon sehr gut. „Das ist auch unser 1:1 Prinzip, dass ein Kind von einem Mentor betreut wird,“, sagt Wiltrud Eckhardt. „Sprache ist das A und O, deshalb verstehen wir uns als Helfer zum Spaß am Lesen. Mit Nachhilfe hat das nichts zu tun“, sagt sie. Die Mehrzahl der Lesekinder hätte zwar einen Migrationshintergrund, aber es gebe auch einige Muttersprachler, die von den Klassenlehrern vorgeschlagen würden. Bislang gibt es sieben Kooperationsschulen in ganz Mainz, die das Angebot annehmen. Das sei nicht selbstverständlich, denn die Lesestunden finden während der regulären Schulzeit statt, aber die meisten Schulen seien sehr aufgeschlossen. „Man merkt, wie sehr die Kinder die Aufmerksamkeit genießen und freut sich, wenn sie im Unterricht besser mitkommen“, so Frau Eckhardt.

Die Gestaltung der Lesestunden ist dabei recht frei, man kann Spiele mitbringen, in die Schulbibliothek gehen oder sich der Kinderzeitung bedienen, die ein Verlag liebevoll gestaltet. Darin gibt es Rätsel, Witze und kleine Texte, die den Kindern spielend verschiedene Themen näher bringen und zum Lesen animieren. Die Stunde, in der ich zu Gast bin, steht ganz im Zeichen von Weihnachten und es geht um Tannenbäumchen und Krippenspiel. Das Lesekind ist konzentriert bei der Sache, erzählt Geschichten von Daheim und fragt Wiltrud Eckhardt alles, was ihr gerade in den Sinn kommt. Abschließend wird noch ein Quiz gespielt und das Mädchen geht wieder zurück in den Unterricht, die Kinderzeitung stolz unter den Arm geklemmt. Es ist eine schöne, entspannte Atmosphäre und scheint sowohl den Kindern als auch den Mentoren wirklich Spaß zu machen. „Das ist auch die Hauptsache“, sagt Frau Eckhardt, „Wenn man selbst als Mentor Freude bei der Sache hat, dann merken das auch die Kinder und kommen jede Woche gerne in die Lesestunde“.

Der Mentor Mainz e.V. sucht immer nach lesefreudigen Neuzugängen, die mit buchfernen Kindern ein Mal in der Woche lesen üben. Auch männliche Bücherfreunde sind gerne gesehen, denn der Frauenüberschuss im Verein ist hoch 🙂 Weitere Infos zu Projekt und Anmeldung gibt’s unter www.mentormainz.de und auf der Facebook-Seite.

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